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Dann lassen wir es Mal eskalieren!

Veröffentlicht am 16.09.2017

Diesen Satz hört man nicht selten in Firmen, wenn die Dinge nicht so laufen, wie sie laufen sollen und ehrlichgesagt wäre es auch gar kein Problem, die Dinge eskalieren zu lassen, wenn die Betroffenen es auf professionelle Art und Weise täten.

Kaum jemand weiß, wie professionelle Eskalation umzusetzen ist. Und die, die es wissen, wenden das Wissen nicht an. Grund hierfür ist, dass in dem Moment, in dem die Sache nicht wie gewünscht vorankommt, enorme Befindlichkeiten entstehen. Die Aufmerksamkeit gleitet weg von der Sache hin zum Ego.

Und wenn Egos sich begegnen, ist klar, was folgt. Unkontrollierte Eskalation mit möglichem Maximalschaden, also in der Sache und im Ego.

 

Was heißt korrekt eskalieren? Aus professioneller Sicht könnte ich nun natürlich einen akribischen Kommunikationsprozess beschreiben, aber diesen Anspruch darf ich im Grunde nur an mich selber stellen. Für die Menschen, denen ich begegne, würde es schon ausreichen, wenn sie wenige Spielregeln beachten und anwenden:

1. Beobachte ich, dass etwas nicht läuft wie ich es mir wünsche, spreche ich die Person direkt, persönlich und unter vier Augen an.

2. Im Gespräch formuliere ich die schwierigen Botschaften in der Ich-Form und vermeide die anklagende Du-Form.

3. Ändert sich das Verhalten der Person nicht, spreche ich die Person ein zweites Mal direkt, persönlich und unter vier Augen an.

4. Ändert sich im Verhalten wiederum nichts, führe ich ein drittes Gespräch, in dem ich nun nicht mehr die Sache thematisiere. Im Mittelpunkt dieses dritten Gesprächs steht das eigene Resümee, dass sich nach den zwei vorausgegangenen Gesprächen nichts in der Sache oder im Verhalten geändert hat. Ich teile nun meinem Gegenüber mit, dass ich den nächsten Schritt gehen werde, also in die nächste Eskalationsinstanz. Durch diese Information hat der Betroffene die letzte Chance unmittelbar zu reagieren. Reagiert mein Gegenüber nicht, ist sich die Person klar und bewusst darüber, dass es zur Eskalation kommt und Dritte Kenntnis erhalten. Es liegt an ihm/ihr, zu entscheiden, wie es weitergeht. Geht es in die Eskalation mag ihm/ihr das sicherlich nicht gefallen, aber es gibt keine Basis für Vorwürfe, denn der Prozess war transparent. Mein Gegenüber wusste Bescheid und wird daher von der Eskalation nicht überrascht.

Ich sehe die Leserinnen und Leser dieses Beitrags vor meinem geistigen Auge zu den oben genannten Punkte mit dem Kopf nicken. Auch in persönlichen Veranstaltungen bestätigen mir die Zuhörer, wie richtig sie diesen vorgeschlagenen Weg finden. In der Realität erlebe ich nur fast täglich beruflich, aber durchaus auch privat, dass dieses Wissen ganz konsequent NICHT angewendet wird.

Was in einem ruhigen Moment so natürlich und selbstverständlich erscheint, ist in einem Moment der persönlichen Betroffenheit gleichermaßen schwierig bis unmöglich umzusetzen. Warum? Die Antwort ist wenig charmant. In der Regel fehlt der echte Wille dazu, sich in einem Moment, in dem das Gegenüber einem ja offensichtlich das Leben schwer macht, korrekt zu verhalten. Die eigenen Emotionen und Befindlichkeiten übernehmen die Führung.

Im echten Leben sieht es dann eher so aus:

1. Ich spreche mit allen möglichen Leuten über meinen Ärger, aber nicht mit dem Betroffenen direkt, um mich abzureagieren.

2. Ich greife im direkten Gespräch den Anderen mit Du-Vorwürfen an.

3. Ich spreche höchstens ein Mal mit dem Betroffenen und wenn es nicht fruchtet, wende ich mich verletzt ab und schmolle oder mache weiter in meiner aggressiven Kommunikation mit Dritten. Das löst zwar nicht die Sache an sich, aber gibt ein ungemein befriedigendes Gefühl für den Moment.

4. In der Sache geht nichts weiter. In der Beziehung geht es auch nicht weiter oder eher bergab. Je nach Temperament eher im Stillen oder aggressiv.

Schade, denn dann verlieren alle Beteiligten und die Chance auf Erkenntnisse, Vorankommen, Klärung, Erleichterung, Lösung ist vertan.