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Geduld oder schon Duldung?

Veröffentlicht am 01.09.2017

Die "Masken der Niedertracht", erwähnt in meinem ersten Blog-Eintrag, geben einen exzellenten Aufschluss darüber, wo die feine Grenze zwischen Geduld und Duldung verläuft. Bis heute habe ich noch Niemanden getroffen, der Geduld nicht als eine positive Eigenschaft betrachtet hätte. Leider meinen es Viele unter uns mit der Geduld oft zu gut. Jenseits der vernünftigen und gesunden Geduld beginnt die selbstzerstörerische Haltung der Duldung. Bis wir erkennen, dass wir diese schon zu lange eingenommen haben, haben wir uns viel zu häufig entwürdigen lassen und selber klein gemacht.

Um des lieben Friedens willen...welchen Friedens, wenn am Ende dabei herauskommt, dass ich zulasse, dass mein Gegenüber sich letztendlich völlig willkürlich in meinem Leben ausbreiten und austoben darf und ich selber mit meinen Bedürfnissen quasi verschwinde. Übergriffe sind dann zur Normalität geworden. Wir haben uns so sehr daran gewöhnt, dass sie uns unbedingt akzeptabel erscheinen.

Sie fehlen uns sogar, wenn wir sie eine Zeit nicht ertragen müssen. Auch Qualen sind eine Form der Aufmerksamkeit und Anerkennung. Schließlich investiert der Andere viel Zeit und Energie in uns. Da müssen wir ihm doch etwas wert sein.

Wir fragen uns, wie die Anderen das machen, die sich solche Verhaltensweisen ganz offensichtlich nicht gefallen lassen. Woher nehmen sie die Stärke, den Mut, einfach Nein zu sagen, sich zu widersetzen? Haben die keine Angst, das Gegenüber zu verlieren? Haben die überhaupt vor irgendetwas Angst?

Nein, Gott sei Dank gibt es genug Menschen, die angstfrei sind. Manche sind so geboren, haben sich im Laufe der Jahre so entwickelt und manche mussten sich ein angstfreies Leben erst erkämpfen oder nach Verlust zurückerobern. Manche schaffen es auch gar nicht. Sie verharren unbegrenzt in ihrer Angst und Duldungshaltung.

Sich aus der Duldung zu lösen, erfordert viel Kraft, Mut und wohl auch Verzweiflung und Leidensdruck. Wille entwickelt sich meist erst unter dem entsprechenden Leidensdruck. Man muss an den Punkt kommen, wo man die Duldung nicht mehr ertragen kann. Die eigene Duckmäuserhaltung muss einen anwidern, das eigene Verhalten muss abstoßend werden. Erst dann besteht die Hoffnung auf eine wirkliche Veränderung. Diese beginnt meist mit einer schmerzhaften Portion Ehrlichkeit sich selber gegenüber. Wie konnte ich es soweit kommen lassen?

Der Blick nach hinten ist zwar lehrreich, sollte aber nicht zu lange andauern. Die bessere Frage lautet, was ein Mensch braucht oder tun muss, um aus der Duldung herauszukommen, damit es ihm möglichst schnell wieder besser geht, er sich in seinem Leben wieder frei fühlt. Glücklicherweise gibt es hier Möglichkeiten und Unterstützung, damit Menschen wieder erstarken und gesund den weiteren Weg ihres Lebens beschreiten. Verlust gibt es dabei immer, aber der Gewinn ist mit Sicherheit größer.

Ich zitiere eine mir unvergessene Kundin, die mir sagte, sie sei bereit, im Leben um alles zu kämpfen, aber nicht darum, geliebt zu werden.