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"Furcht ist Schmerz, der entsteht, weil man Unheil erwartet." Aristoteles

Veröffentlicht am 25.08.2017

Zu Beginn eines Konfliktes fürchten sich die Betroffenen vor dem, was passieren wird, wenn man ihn anspricht. Diese Furcht ist lähmend und konserviert den Konflikt, im besten Fall nur Tage, im schlimmsten Fall ein Leben lang. Doch manchmal stellt sich glücklicherweise eine noch größere Furcht ein, nämlich was passiert, wenn nichts passiert, wir den Konflikt nicht ansprechen.

Aus einem sogenannten "heißen" also emotionalen und offen ausgetragenen Streit ist dann schon lange ein "kalter" Konflikt geworden. Ein kalter Konflikt ist da, Jeder weiß es, aber niemand spricht darüber. Wir versuchen, gute Argumente zu finden, Dinge gerade jetzt nicht anzusprechen, Dinge auszuhalten, den Anderen oder sich selber vermeintlich zu schonen, Probleme auszusitzen in der Hoffnung sie lösen sich irgendwie mit der Zeit von selber auf. Irgendwann haben wir uns an die eigene Duldung und Passivität so sehr gewöhnt, dass wir völlig verstummt sind.

Das Muster nichts zu sagen, ist uns so selbstverständlich geworden, dass es wie ein Virus auch auf andere Situationen, Themen und Menschen übergreift. Denn ja, den Mund aufmachen, kostet jedes Mal Kraft. Ein unangenehmes Thema anzusprechen, kostet auch den Geübtesten immer wieder Überwindung. Es wird nie zur Selbstverständlichkeit. Es ist eine Leistung, für die wir uns eigentlich bei unserem Gegenüber bedanken könnten, wenn er uns den ersten Schritt abgenommen hat. Und wir könnten stolz auf uns sein, wenn wir uns wieder und wieder selber überwinden.

Nach über 25 Jahren Berufserfahrung gerate auch ich selber immer wieder in die Situation, in der ich mich entscheiden muss zwischen vermeintlich bequemen Nichtstun und den Mund aufmachen, das Thema angehen, Unangenehmes aussprechen. Vielleicht hat das Leben mir diese Aufgabe zugedacht, diese Rolle für mich vorgesehen. Ich hadere damit nicht. Ich nehme sie an. Kürzlich habe ich einen alten Schulfreund nach über 30 Jahren getroffen. Er fragte, welchen Beruf ich ausübe und als ich ihm erzählte, was ich tue, meinte er lächelnd: "Das passt zu dir."

Ich habe durchwegs gute Erfahrungen gemacht. Egal, wie ein Gespräch gelaufen ist, die Furcht davor, es zu führen, hat sich im Grunde nie als berechtigt erwiesen. Die Furcht ist uns als Warnsystem inne, um nichts zu übersehen, keine Fehler zu machen, nicht arrogant oder überheblich zu werden, uns selber richtig einschätzen zu können. Deshalb begrüße ich meine eigene Furcht vor unangehmen Gesprächen heute mit einem gelassenen inneren Lächeln. Ach da ist sie wieder. Und dann frage ich mich, was sie mir wohl heute in diesem speziellen Thema oder mit diesem Menschen sagen will. Worauf will sie mich heute hinweisen? Ich bekomme immer eine Antwort und die macht mein Gespräch dann erfolgreicher, weil ich aufmerksamer bleibe.

Furcht soll uns aufmerksam machen, aber nicht von einem Gespräch abhalten. Sie warnt mich, mir noch ein Mal zu überlegen, ob der Moment wirklich der richtige ist. Sie bewahrt mich vor meinen eigenen impulsiven Momenten. Sie macht mich nachdenklich und vorsichtig, aber nicht ängstlich. Wenn ich ihr ausreichend Raum gegeben habe, bin ich mir sicherer als zuvor.

Im Grunde soll uns die Furcht vor möglichem Unheil am Ende mehr Sicherheit geben. Wenn meine Klienten diese Sicherheit noch nicht haben, dann stelle ich Ihnen diese zur Verfügung. Ich habe mehr Übung darin, die Furcht auszuhalten und das Positive darin zu sehen. Menschen folgen mir dann auf meinem professionellen Weg und entdecken ihre eigene Sicherheit im Gespräch - solange bis sie mich nicht mehr brauchen.